Statt Gas setzen die Kriminellen dabei vermehrt auf klassischen oder selbst hergestellten Sprengstoff. Von 18 Fällen in 2019 waren es bereits 111 Vorkommnisse in 2020, bei denen Sprengstoffe, wie z. B. TNT aus Kriegswaffen, Semtex, Blitz-Knall-Körper oder auch Selbstlaborate, wie hochgefährliches, da nicht handhabungssicheres Acetonperoxid (TATP) verwendet wurden. In den Niederlanden kostete im September 2020 einem mutmaßlichen Geldautomatensprenger der Umgang mit Triacetonperoxid sein Leben. Diese und auch andere Unfälle mit selbst hergestellten Sprengstoffen verdeutlichen, dass Täter weder das Risiko, noch den Umgang mit Explosivstoffen einschätzen bzw. beherrschen. Im Gegensatz zu Gas haben Explosivstoffe eine höhere Brisanz, die bei der Sprengung von Geldautomaten regelmäßig zu einer hohen Splitterwirkung, dem Herausschleudern von Teilen des Geldautomaten aus der Verankerung oder gar dem Gebäude oder großflächiger und schwerer Trümmerstücke mit einem größeren Radius des Schadensfeldes führen. Die hierbei durch Detonation angetriebenen, teils massiven und scharfkantigen Trümmerteile erreichen Durchschlagskräfte, denen auch massive Hauswände oder Fensterscheiben nicht standhalten.
Bei der überwiegenden Anzahl der Fälle werden durch die Täter zwei Sprengungen durchgeführt. Zunächst wird der „Kopf“ des Geldautomaten mit einer ersten Sprengung geöffnet, um dann im Rahmen einer zweiten Sprengung ein sogenanntes „Fascia-Paket“ aus Sprengstoff in den verbleibenden Teil des Geldautomaten einzuführen und zu zünden.
„Bei den reisenden Tatverdächtigen aus den Niederlanden handelt es sich weiterhin überwiegend um Personen aus der Region Utrecht / Amsterdam, die häufig einen marokkanischen Migrationshintergrund aufweisen. Diese Personen agieren in Form eines kriminellen Netzwerks, dessen Mitglieder anlassbezogen in wechselnder Zusammensetzung und wechselnden Tatbeteiligungsverhältnissen agieren“, erklärt das BKA in seinem Bericht zu der Täterherkunft.
Der Beuteschaden lag 2020 bei 17,1 Millionen Euro. Dies entspricht einer durchschnittlichen Beute von 108.000 Euro pro gesprengtem Geldautomaten. Der Sachschaden an Gebäuden ist jedoch weitaus höher, da insbesondere Trümmerteile und Splitter hohe Risiken bergen, die von den Tätern nicht eingeschätzt werden können.
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Handlungsempfehlungen sollen Banken sensibilisiert werden, Sprengungen von Geldautomaten zu verhindern, Angriffsversuche frühzeitig zu erkennen und Folgeschäden zu minimieren. Die teilweise massiven und scharfkantigen Trümmerteile, die dabei durch die Detonation angetrieben werden, erreichen Durchschlagskräfte, denen selbst massive Hauswände oder Fensterscheiben nicht standhalten.
Regelmäßig müssen nach der Sprengung eines Geldautomaten Statiker hinzugezogen werden, um die Tragfähigkeit der verbleibenden Bausubstanz zu beurteilen. Ganz zu schweigen von den nicht quantifizierbaren gesundheitlichen und psychischen Schäden, die Anwohner oder Passanten in unmittelbarer Nähe eines gesprengten Geldautomaten erleiden. Auch Einsatzkräfte sind bei Sprengversuchen einer erheblichen Gefährdung ausgesetzt, da die Explosionsgefahr durch nicht umgesetzte Gase oder (selbstlaborierte) Sprengstoffe bestehen bleiben kann.
4 Antworten
Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihre sehr wichtigen Informationen. Es wird Sie vielleicht nicht trösten, wenn ich Ihnen mitteile, dass Ihr Fehler für mich die Chance war, hinter die Kulissen wichtiger Medien zu schauen. Und es war ein Glück für uns Mitbürger und Rundfunkkonsumenten, dass gerade Sie diesen einen Fehler gemacht haben. Sie waren auf Grund Ihrer Ehrlichkeit und intellektuellen Hartnäckigkeit in der Lage, wichtige Informationen zusammenzutragen und in einen seriösen Zusammenhang zu stellen. Das ist echte Schwerarbeit, zumal Ihre eigene Betroffenheit emotional gleichzeitig der Verarbeitung bedarf. Es berührt mich sehr, dass Sie sich geradezu ,hemmungslos’ (Verzeihen Sie mir diesen Ausdruck?) in Ihre Aufklärungsarbeit gestürzt haben. Sie haben Gemeinsinn bewiesen, ein sehr wertvoller Beitrag zur Aufklärung. Auch ich bin prinzipiell für den Erhalt des ÖRR, das Problem der Zerstörung von Vielfalt und Transparenz liegt in undemokratischen Strukturen und Rahmenbedingungen, es ist leider systemischer Natur. Was tun? Niemals aufgeben!
Noch einmal herzlichen Dank für Ihr aufklärerisches Engagement! Therese Unbehaun
Vielen Dank für die Rückmeldung, Frau Unbehaun!
An alle Mitleser: Der Kommentar bezieht sich auf den Beitrag https://sprengtechnik.de/sprengstoff-in-pflanzenform/