Mittels Sprengstoff lassen sich nicht nur Gebäude niederlegen, sondern auch Kunst schaffen. So kann mit wenig Explosivstoff eine Metallplatte zu Kunstobjekten umgeformt werden. Das Ergebnis sind dynamische Formen. Dieser Blog-Beitrag beschreibt die Metallumformung zu einer Designschale und einer Feuerschale.

Umformung von Metallplatten zu Kunst mit wenig Sprengstoff

Sprengtechnische Metallumformung

Im Februar 2017 konnte ich erste Erfahrungen mit der sprengtechnischen Umformung von Metallplatten zu Kunstobjekten gewinnen. Dies gelang mit geringer Menge an gewerblichen Gesteinsprengstoff (Dankeschön an Hubert für die Unterstützung!). Durch diese Möglichkeit der Umformung von Metall sind zahlreiche Anwendungen denkbar. Selbst massive Stahlplatten lassen sich beispielsweise sprengtechnisch zu Feuerschalen überführen. Aber auch die sprengtechnische Umformung von kleineren Metallplatten in eine Designschale ist möglich. Als Werkstücke eignen sich härtere Metalle, wie Edelstahl aber auch weiches Aluminium.
Durch Variation des Ausgangswerkstoffes und der Oberflächenbehandlung, wie Schleifen oder Hochglanzpolitur scheint die Vielzahl an gestalterischen Möglichkeiten unbegrenzt zu sein. Auf meiner Website Kunst mit Explosivstoffen sind weitere Einblicke zu finden.

Sprengumformung schafft Unikate

Das Umformen (auch bildsame Formgebung genannt) stellt ein Fertigungsverfahren dar, bei welchem plastische Werkstoffe (u. a. Metalle) gezielt in eine andere Form gebracht werden. In der Produktmassenfertigung kommen hier Verfahren, wie das beispielsweise das Tiefziehen mittels hydraulischer Pressen, zum Einsatz. Dies gewährleistet zwar eine einheitliche Produktqualität und -Eigenschaft. Jedoch bleibt aufgrund des Charakters der Massenfertigung die Exklusivität auf der Strecke. Daher wollte ich ausprobieren, ob das Prinzip des eingesetzten „Stempels“ auch mit einer durch Sprengstoff erzeugten Druckwelle auf das Material erreicht werden kann. Nutzt man als Stempel ein auf das Werkstück händisch aufgetragenes Medium zur Übertragung des Drucks der Detonation in Kombination mit einer Sprengladung, ist das Ergebnis jeder Sprengung ein einzigartiges Ergebnis.

Enorme Kraft von Sprengstoff für Metallumformung nutzen

Welche Leistung erbringt Sprengstoff? Die chemische Umsetzung von gewerblichen Sprengstoffen in Gase erfolgt im wahrsten Sinne des Wortes explosionsartig. So beträgt die Detonationsgeschwindigkeit des für die Sprengung von Gebäuden verwendeten Sprengstoffs Eurodyn beispielsweise ca. 6 300 Meter in der Sekunde. Folglich sind das 22 680 km/h. Semtex detoniert mit einer Geschwindigkeit von ca. 7 400 m/s (26 600 km/h) noch schneller. Und Nitropenta (PETN) legt nochmals 1 000 m/s an Geschwindigkeit drauf, explodiert also mit einer Geschwindigkeit von über 30 000 Stundenkilometern.

Um sich das bildlich vorzustellen: Würde man entlang der 6 200 Kilometer langen Luftlinie zwischen Frankfurt und New York mit PETN gefüllte Sprengschnur auslegen und diese in Frankfurt zünden, bräuchte es circa eine Viertel Stunde, bis die Explosion New York erreicht. Oder breitet man entlang des 40 000 km langen Äquators Sprengschnur aus, dauert es rechnersich eine Stunde und 20 Minuten zur detonativen Umsetzung über die gesamte Wegstrecke.

Schwarzpulver bringt es übrigens „nur“ auf 400 Meter in der Sekunde (das sind immerhin noch 1 440 km/h). Entsprechend schnell findet die chemische Umsetzung des Sprengstoffs innerhalb weniger Mikrosekunden in Gas statt.  Aus einem Kilo Sprengstoff entstehen so bei der Sprengung 300 bis 900 Liter Verbrennungsprodukte („Sprengschwaden“).
Dieser Druck kann zur Durchführung von Verformungen genutzt werden.

Mehrere Möglichkeiten der Sprengumformung von Metall

Das Zusammenwirken von Sprengstoff und Werkstück zwecks Verformung kann auf folgende Weisen stattfinden:

  1. Man legt die Sprengladung direkt auf das Material. Damit wird das Metall in der Regel perforiert oder splittert.

  2. Zwischen Metallplatte und Sprengstoff wird ein Medium zur Übertragung des Drucks, wie beispielsweise Wasser oder Sand, eingesetzt.


Mit der Verwendung eines Mediums zur Druckübertragung in der zweiten Variante zwischen Sprengstoff und umzuformenden Material kann die Explosion auf eine breitere Fläche verteilt werden. Insofern wird die Kraft der Explosion damit abgeschwächt. Zudem erfolgt die Druckausbreitung in Form einer Gaußschen Normalverteilung. Während die Kraft direkt unter einer punktförmigen Sprengladung dort am stärksten auf das umzuformende Material einwirkt, schwächt sie zu den Rändern hin ab.

Als Explosivstoff setze ich zur Herstellung der Kunstobjekte beispielsweise den gelatinösen Gesteinssprengstoff Eurodyn ED2000 ein. Im Vergleich zu anderen Sprengstoffen, wie Semtex und PETN, setzt sich dieser langsamer um (siehe Eigenschaften im Absatz zuvor).

Vorbereitung Sprengumformung Edelstahl
Vorbereitung einer Sprengumformung. Auf das mit Wasser im Kunststoffbeutel verdämmte Werkstück wurden wenige Gramm gelatinöser Gesteinssprengstoff platziert und mit etwas Sand fixiert. Die Kabel führen zum Sprengzünder.

Eine sogenannte „schiebende“ statt zertrümmernde Wirkung des ohnehin brisanten Explosivstoffs begünstigt die Umformung. Denn mit schneller sich umsetzenden Sprengstoff besteht die Gefahr der unerwünschten Zertrümmerung des Materials. Und das Ziel soll es ja sein, die Metallplatte durch Sprengen in einen ästhetischen „chaotischen Konkav-Krater„, wie es ein im sprengtechnischen Umfeld bekannter Gutachter formulierte, zu überführen.

Die Kunst der Umformung zu organisch geformter Designschale und Feuerschale mit wenig Sprengstoff

Nach einigen Versuchen konnte ich dann schließlich ein ideales Verhältnis zwischen Stärke des Werkstücks, Sprengstoffmenge und Druckübertragungs­medium zur Herbeiführung organischer Formen ermitteln. Sand liefert dabei als Verteilung des Explosionsdrucks von ca. 100 000 Bar eine gleichmäßigere Einwirkung und Formgebung. Nutzt man Wasser im Kunststoffbeutel als „Stempel“, werden hingegen eher parabelartige Formen erzeugt, das heißt, der Explosionsdruck primär nach unten und  weniger in die Fläche übertragen:

Sprengumformung Aluminiumplatte
Ergebnis der Umformung eines Aluminiumbleches unter Verwendung von Wasser als Druckübertragungsmedium.
Kunst mit Sprengstoff
Ansicht Unterseite: Die Form erinnert an eine Parabel oder die Darstellung einer Raumzeitkrümmung.

Sand als Stempel hat jedoch aber den Nachteil, dass dieser die Werkstoffoberfläche beschädigt. Die Kraft der Detonation ist so stark, dass eine zum Schutz zwischen Sand und Metall gelegte Gummimatte die Explosion nicht überlebte.  Die Schaffung von Kunstobjekten mit hochglanzpolierter Oberfläche stellt daher eine besondere Herausforderung dar.
Mit den folgenden Bildern möchte ich einen kleinen Einblick über die Ergebnisse sprengtechnischer Metallumformung geben. Neben einer Designschale aus Edelstahl, einer Obstschale aus Aluminium konnte ich auch eine Feuerschale sprengtechnisch aus Metallblechen umformen.

Interessant wäre die Veredelung der Oberfläche z. B. mittels PVD-Verfahren. Wer hier helfen kann, bitte melden.

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